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„Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein ...

Engelsmahl
Engelsmahl

...die Engel." beginnt ein Gedicht von Rudolf Otto Wiemer. Oh ja, ich habe Engel erlebt, die weder Männer waren, noch Flügel hatten, keine lustigen nackten Wonneproppen mit Flügelchen und auch keine großen Gestalten in langen Gewändern mit monströsen, befiederten Schulterfortsätzen. Hier ein Beispiel:

 

Ein Freund schenkte mir 2018 den Kalender Der andere Advent. Bei Recherchen über den Herausgeber Andere Zeiten im Internet las ich, dass es auch einen kleinen Bronzeengel gibt. Da erinnerte ich mich an eine tröstliche Begebenheit ein halbes Jahr zuvor.

Nach einer Operation bekam ich viele Schmerzmittel. Als ich versuchte von ihnen wieder loszukommen traten so massive Ängste auf, dass ich zum Entzug in die Psychiatrie ging. Nach dem Singen von Taizé-Liedern am ersten Abend in der Klinikkapelle bat ich die Pfarrerin, die mich schon zuvor nach der OP besucht hatte um ein Gespräch. Allmählich wich die Anspannung und Hoffnungslosigkeit ein wenig dem Gefühl des Trostes und der Zuversicht. Schließlich schenkte die Pfarrerin - Frau Hengel - mir einen kleinen bronzenen Engel, einen Handschmeichler, der mich die nächsten Wochen bis zur Entlassung begleitete.

Doch wo war der jetzt im Advent? Ich ging an den Schrank und griff in die Seitenfächer meiner Reisetasche - nichts! Ich griff tiefer unter die Falte und da war er, mein Handschmeichler. Meine Mutter hatte mir auch (mindestens) einmal einen Engel geschenkt, den habe ich weiter verschenkt. Aber diesen werde ich in Ehren halten und immer an den menschlichen (H)Engel denken.

So ist es wohl oft mit Engeln, man sieht sie nicht, man weiß nichts von ihnen, aber sie sind da.

 

Damit ich richtig verstanden werde, dieser kleine Bronzeengel ist ein Stück Metall, das von sich aus keine Kraft oder Wirkung hat. Er ist für mich eine Erinnerung an die Wirkung, die das Gespräch mit Frau Hengel auf mich hatte. Und das sowas immer wieder geschehen kann. So habe ich weitere Engel in meinem Leben.

 

Vor Weihnachten bekam ich eine  überraschende Mail von einer Frau, die mein Profil und eine Anzeige auf dem Portal nebenan.de gefunden hatte. Sie fragte, ob die Suche nach Menschen, die mit mir wandern oder spazieren gehen noch aktuell sei. Ich hatte mich schon ewig nicht mehr dort eingeloggt, aber es war noch aktuell. Zwei Tage später trafen wir uns, machten einen ausgiebigen Spaziergang und waren uns sofort sympathisch. Da ich sie bat etwas langsamer zu gehen hatte ich doch Zweifel, ob sie in Zukunft mit so einer lahmen Ente wie mir wieder laufen wollte, doch sie meinte, etwas Entschleunigung täte ihr gut. Da sie nach Weihnachten eine Woche verreist war, kamen in mir Befürchtungen auf, da sie ein dreiviertel Jahr zuvor ihren Mann verloren hatte, ob sie sich wieder auf einen absehbaren Abschied einlassen würde. Zwar wusste sie, dass ich schwul bin, aber auch eine platonische Beziehung kann ja sehr tief gehen, sicher sogar tiefer als ein One Night Stand.

Doch sie verstand erst meine Befürchtung nicht und meinte schließlich, ich würde soviel Tiefe und Ruhe ausstrahlen, das würde ihr gut tun und darauf wolle sie nicht verzichten, solange ich hier bin. 😂

 

Auch wenn ich das gestrige Treffen mit meiner Freundin verpennt habe, sie hatte ihre Geburtstagsgaben vor die Tür gestellt. Und als ich am Abend mich endlich vom PC lösen konnte, weil mein Magen sein Recht einforderte, dachte ich erst ihn mit Cräckern und Erdnusslocken zu füllen, da ich keine Lust mehr zum Kochen hatte. Doch dann fiel mir die Geburtstagsgabe vom Mittag ein, u.a. ein Topf Suppe. Schon beim Öffnen der Kunststoffdose strömte ein würziger Duft wir entgegen, der schon die Mund- und Magensäfte mobilisierte. Ach was war das für ein Festmahl mit Suppe (und Crackern) und Erdnusslocken zum Nachtisch. 😁

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Kommentare: 2
  • #1

    Flo (Mittwoch, 12 Januar 2022 10:03)

    Es ist so schade, dass man hier nicht einfach Herzle hinterlassen kann, wie bei Twitter. Ich lese jeden deiner Posts und freue mich daran!

  • #2

    Madi (Donnerstag, 13 Januar 2022 13:08)

    Über Twitter hergefunden…ich hab jeden Beitrag gelesen, aber die Suppe (sieht sehr lecker aus), erschien mir als der passendste Beitrag für einen Kommentar. Ich werd weiter mitlesen und wünsche noch viele schöne Sonnenscheinmomente unbekannterweise � Alles Gute auch noch nachträglich zum Geburtstag. Eine sehr berührende Karte hat die Nichte da geschrieben.